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17. 04. 2020

Ein abenteuerliches Jahr unserer JBBL

Liebe Leser, mein Name ist Tino Stumpf, ich bin seit Sommer 2019 der verantwortliche Headcoach unserer JBBL-Mannschaft (Jahrgang 2004-05) bei Science City Jena, ebenso unseres U15-Teams (nur die Jungs aus dem Jahrgang 2005), das nun schon im 3.Jahr die sognannte EYBL (European Youth Basketball League) mitgespielt hat. Wir Coaches sind gebeten worden, einen Bericht für unsere Homepage über die (leider viel zu früh beendete Saison) zu schreiben, über unsere Mannschaften und den Werdegang durch die Saison. Lange habe ich überlegt, wie ich das am Besten machen könnte – und letztlich habe ich mich einfach dafür entschieden, aus meiner Perspektive, der des Trainers, zu berichten und zu erzählen. Ich möchte Euch mitnehmen auf unsere Reise durch die Saison, mitnehmen zu Höhen und Tiefen, die es im Sport immer wieder gibt, Euch einen Einblick in einen gewichtigen Teil des Lebens ambitionierter 15- und 16-jährigen geben, die teilweise ihre ganze Jugend nach dem Sport ausrichten. Ihr werdet Highlights erleben, und schwere Niederlagen – ihr werdet erfahren, wie sich junge Menschen für eine Sache, für einen Sport, für Ihre Team aufopfern können – ohne eine Garantie auf Erfolg.  Ich möchte dies nutzen, um damit unseren Mitgliedern und Freunden von Science City Jena einen Einblick in das Innenleben unseres Teams zu geben – aber auch und vor allem um meinen Spielern für das zu danken, was sie dieses Jahr geschafft haben – und allen, die uns unterstützt haben (und dabei gehören in erster Linie die Eltern genannt), dafür zu danken, dass sie dabei Entbehrungen und Aufwand auf sich genommen haben, der nicht normal sind. Es ist richtig, aber trotzdem schade, dass es so endete wie es geendet ist…und so etwas gab es ja auch noch nie. Normaler Weise ist der Sieger des letzten Spieles einer Saison, auch in der JBBL – und eigentlich beim Top 4 im Mai, der Meister. Aber diesmal ist alles anders…doch fangen wir ganz von vorn an. 

Doch fangen wir ganz von vorn an. Ich möchte dabei zwei Tage in meine Schilderung der Reise mit aufnehmen, die einen wichtigen Grundstein für unsere JBBL-Saison 2019-20 gelegt haben, aber eigentlich noch davor liegen:

10.05.2019 - Der Tag, an dem die Vision geboren wurde…                                                      

Es war der Tag, an dem wir mit unserem Team des GutsMuths-Sportgymnasium beim Bundesfinale ‚Jugend trainiert für Olympia‘ die Goldmedaille holen konnten, somit Deutscher Meister der Schulen wurden – in der Wettkampfklasse III (Jahrgänge 2004/05). 8 der 9 Spieler, die in Berlin im Mai 2019 erstmals in der Geschichte für Thüringen den Sieg in dieser Altersklasse erringen konnten, standen im August wieder im Kader unserer JBBL-Mannschaft.  Im Finale schlugen wir die Mannschaft aus Berlin etwas überraschend, die uns in der Zwischenrunde noch deklassiert hatte…eine bemerkenswerte Parallele, die sich später mit ALBA Berlin in der JBBL-Saison wiederholen sollte. An dem Tag haben die Jungs denke ich gemerkt, dass sie in der Konstellation der Jahrgänge 2004-05 durchaus auch sehr erfolgreich sein können.

25.05.2019 - Der Tag, an dem die Messlatte höher gelegt wurde…                                           

Bis dato der wohl begeisterndste Erfolg, der im Jenaer Nachwuchsbasketball gefeiert wurde. Im Top4-Turnier der N/JBBL, welches wir als Ausrichter in Jena auch veranstalten durften, feierte unsere JBBL unter der Führung von Headcoach Torsten Rothämel im Halbfinale vor großer Kulisse einen berauschenden Sieg gegen ALBA Berlin. Zum ersten Mal konnte ein U16-Team aus unserem Programm damit in das Finale der JBBL einziehen, dabei den früher meist turmhoch überlegenen Vorjahresmeister ALBA schlagen. Was für ein Wahnsinn…und was für eine tolle Erfahrung, von der wir auch in dieser Saison noch profitieren sollten. Aber mit dem Erfolg der Silbermedaille in der JBBL (das Finale wurde leider gegen Bayern München knapp verloren) stieg die Erwartungshaltung natürlich auch. Und obwohl 6 der 12 Spieler aus dem Kader des Top4-Halbfinales gegen ALBA Berlin auch in der jetzigen Saison wieder im JBBL-Kader standen, war der personelle Umbruch mit dem Ausscheiden der Spieler des Jahrgangs 2003 sowie dem Aufrücken unserer 2005er-Talente trotzdem gigantisch. Die meisten Leistungsträger verließen altersbedingt das Team, darunter einige Spieler mit Nationalmannschaftsmaßnahmen auf dem Buckel. Die Herausforderung, diesem überragenden Abschneiden des Vorgängerteams auch nur ansatzweise gerecht zu werden, war also mehr als groß.

12.08.2019 – Der Trainingsauftakt zur neuen Saison…

…fand noch in den Sommerferien statt. Mit großem Engagement und einem hoch motivierten Kader machten wir uns mit auf den Weg, in die großen Fußstapfen zu treten, die uns hinterlassen wurden.  Statt Freibad am Nachmittag, Kino am Abend und Ausschlafen am Morgen standen für unsere Jungs in der letzten Sommerferienwoche Kondition bolzen und Übungen mit Ball auf dem Programm…und eine Sache wurde relative schnell deutlich: Die Kerle waren immer mit Eifer bei der Sache. Der Außenstehende sollte wissen, dass das nicht immer nur Spaß an der Freude oder Ringelpietz mit Anfassen ist, sondern oft genug intensive und Schweiß treibende harte Arbeit und Konfrontation, ob mit eigenen Fehler, einem lästigen Trainingsgegner oder auch dem penetranten Trainer. Wer lässt sich schon gern im Hormone im Übermaß produzierenden Alter von 15-16 Jahren von einem nervigen Trainer permanent durch die Halle treiben…und das ohne eine Garantie darauf, dass man etwas Großes damt gewinne.  Ich ziehe den Hut vor dem Einsatz, den meine Jungs in Kauf nehmen, um Ihrem Hobby nachgehen zu können. Wir haben Spieler wie Jacques Achard oder Emil Stahr, die mehrmals die Woche zig Stunden im Zug verbringen, nur um zum Training zu kommen. Wir haben Spieler wie Friedrich Tempel, Arian Hamzei oder Finn Maercker, die eben nicht auf der Sportschule sind und nur über den Hof gehen müssen um zum Training zu kommen, sondern direkt nach dem Unterricht quer durch die Stadt hetzen, um recht zeitig bei ihrem Team in der Halle zu sein. Ich meine, dass allein das schon Respekt abfordert und war immer stolz darauf, dass da alle so phantastisch mitgezogen haben.

08.09.2019 - Der Tag, an dem mir Himmel, Angst und Bange wurde…

…unser erstes Testturnier, nach 4 Wochen Vorbereitung. Wir waren von Freitag bis Sonntag in Leverkusen, und wir fanden uns glaube ich ziemlich gut. Das Turnier lief auch wie am Schnürchen – unter anderem haben wir die Niners aus Chemnitz unerwartet deutlich geschlagen, ich glaube unsere Freunde aus Sachsen wussten an dem Tag nicht mehr so recht wo hinten und vorn war. Immer wieder schrien wir ‚FEUER‘ von der Bank, unser Call für eine Ganzfeld-Pressverteidigung, die wir auserkoren hatten, unser Markenzeichen durch die Saison zu werden. Steal auf Seal gelang uns – Korbleger um Korbleger… Alles klappte eigentlich ganz gut – bis, ja bis wir auf die JBBL-Jungs von Rasta Vechta trafen. Wir hatten gehört, auch durch Schilderungen von unserem ‚Leuchtturm‘ Lukas Passarge, dass sich da einige ganz passabel talentierte Jungs rumtreiben. Von denen konnten beim Warmup gefühlt alle einen Dunking, wir schleppten uns in die Partie. Unglücklich: Wir hatten direkt vor dem Duell mit den Monster-Athleten von den Young Rasta Dragons schon ein Spiel, während die Niedersachsen an dem späten Vormittag frisch auf das Parkett kamen. 4 Viertel später, einige kassierte Dunks und Monsterblocks später, saßen wir abgefettet (wie mein alter Spezi Nandor Kovacs sagen würde) und zerstört in der Kabine. Mann haben die uns fertig gemacht – und wir wussten, was da ggf. in den Playoffs auf uns zukommen würde. Und ehrlich gesagt, an dem Tag wurde mir Himmel, Angst und Bange, wenn wir auf die Youngs Dragons irgendwann treffen würden. Zum Glück änderte sich das später. 

13.10.2019 – Der Auftakt zum Debakel für die Gegner…

Saisonauftakt, erstes Pflichtspiel – gleichzeitig erstes Heimspiel. Das bedeutet für uns gleichzeitig, dass wir vor dem Spiel die Halle herrichten für bis zu 100 Zuschauer – und danach alles wieder abbauen. Bänke schleppen, Kamerapodest, Schußuhr und Kampfgericht aufbauen – ebenso unseren Imbisstand. Und immer der gleiche Stress für den Trainer: Schauen, dass niemand schummelt – alle mitmachen. Da gilt es schon mal, den ein oder anderen, der plötzlich zum Umziehen in der Kabine 40 Minuten braucht, nur um dem Arbeitseinsatz aus dem Weg zu gehen, persönlich in die Halle zu komplementieren. Eigentlich zum Schmunzeln, wie kreativ dann der ein oder andere plötzlich auf seiner Blackroll Muskeln geschmeidig machen will, die es da gar nicht gibt  aber es sei auch gesagt: Es klappte eigentlich immer alles gut. Irgendwie packen dann doch alle fleißig mit an – auch weil sie wissen, dass es am Ende zur Belohnung die übrigen Leckereien vom Buffet gibt. Naturalien, die die Eltern der Jungs immer selbst nicht nur beibringen, sondern auch den Imbißstand für unsere Besucher und Gäste während des Spieles absichern. Hierfür gilt unseren Eltern ein großes Dankeschön – wir haben das stets zu schätzen gewusst, wie sich da viele immer eingebracht haben. Zum Ergebnis des Spiels ist nicht allzu viel zu sagen. 30 Offensivrebounds gelangen uns an diesem Tag, tonnweise Korbleger und natürlich ‚FEUER‘ … immer wieder ‚FEUER‘ … ich hätte als Aufbauspieler des Gegners auch nicht gern gegen uns gespielt… Am Korb wirkt Lukas Passarge wie ein Mann unter Kindern, erzielt einen Effektivitätswert von 47 (34 Punkte, 18 Rebounds in nur 21 Minuten). Wir gewannen deutlich gegen die Dresden Titans – dominierten fortan die Vorrunde (gespielt wurde ohne Rückspiel, eine so genannte einfache Runde). Im Schnitt konnten wir unsere Spiele gegen die vorwiegend regionalen Gegner (u.a. MBC, Chemnitz, Dresden, Gotha) mit mehr als 30 Punkten Differenz gewinnen. Wir stürmten durch die Vorrunde und über unsere Gegner hinweg, das soll nicht despektierlich klingen – aber es war so. Nur die Rockets aus Gotha sollten sich als gleichwertiger Gegner erweisen, doch auch da blieb das Ergebnis das Gleiche: Sieg für Science City Jena. 6 Spiele – 6 Siege…auf in die Hauptrunde. 

15.10.2019 – Teambuilding …                                                                                         

…im Kletterwald. Tolle Sache, die Stimmung ist prächtig.

19.10.2019 – ‘Shoot if you are open!’…

Eine Randepisode: Am zweiten Spieltag machte unser Neuzugang, Paul Schwabe, sein erstes Spiel. Er gehört zu den größten Spielern unseres Teams, deutlich über 2 Meter – schlaksige Figur. Da ist es schon ein ziemlich cooler Einstand, wenn er irgendwann in der 1.Halbzeit von der Bank kommt – in der Offense den ersten Ballkontakt hinter dem Perimeter hat, die Schussuhr noch pickepacke voll ist, er dann trotzdem einfach abdrückt – und der Ball in ewig hoher Flugkurve swish durch den Ring fällt. Garniert wurde dieser Einstand wenige Minuten später mit einem astreinen Treffer aus der Mitteldistanz. Ob Paul bis zum heutigen Tag im Trainingsspiel mal von hinter der Dreierlinie getroffen hat ist nicht mehr klar zu benennen, wohl aber sein verschmitztes Statement nach dem Spiel, angesprochen auf den Killer-Dreier kurz nach der Einwechslung: „Ich war offen, da hab ich mir gedacht ich werfe mal!“. 

24.11.2019 – Vielleicht sind wir doch besser, als wir denken…

Die Hauptrunde beginnt. Mit dem Erreichen selbiger war klar, dass wir den Klassenerhalt in der Tasche hatten. Damit war unser 1.Teilziel erreicht, über das wir uns mit den Jungs verständigt hatten. Geschafft wurde das, was noch im Sommer und im Angesicht der großen personellen Umwälzungen im Team nicht selbstverständlich war und vereinsintern bewusst und zu Recht zurückhaltend angegangen wurde, so überzeugend, dass sich Hoffnung ausbreitet. Genährt wurde die am 1.Spieltag der Hauptrunde mit einem sicheren Sieg gegen TuS Lichterfelde, im Vorjahr für die damaligen Rothämel-Jungs noch ein hartnäckiger Gegner. Die Berliner Jungs hatten zum Hauptrundenauftakt keine Chance, und das obwohl in unseren Reihen unser großer Rückhalt in der Zone, Nationalcenter und Co-Kapitän Lukas Passarge fehlte, sondern auch noch sein eigentlicher Backup Ludwig Büschel. Doch die Souveränität, mit der vor allem die aus den Fights des Vorjahres geschulten Jungs die Mannschaft als Leistungsträger führten, überzeugt. Diesmal waren es Ben Köhler und Max Nwokedi (wie immer zwischen Genie und Wahnsinn wandelnd), die dem Spiel ihren Stempel aufdrückten. Nicht die einzige Partie, in der vor allem Ben Köhler zeigte, wie gut er sich im Angesicht des Mehr an Verantwortung entwickelt hat und eine starke JBBL-Saison spielte. Schöner Bonus: Niklas Schulz hatte sein Coming Out als Sniper… Am Ende des Spieles waren wir im Trainerteam überrascht, dass uns auch dieser erwartet stärkere Gegner nicht wirklich gefährden konnte. Ich höre uns Trainer grübeln: „Vielleicht sind wir doch besser als wir dachten!“

01.12.2019 – Vielleicht sind wir doch nicht so gut wie wir denken…

Eine Woche nach dem überzeugenden Auftakt in die Hauptrunde, in der es letztlich nur darum geht, in welcher Ausgangsposition man in die Playoffs startet, mussten wir bei ALBA Berlin ran. ALBA ist seit Jahren das Aushängeschild der Nachwuchsförderung in Deutschland – der Branchenprimus sozusagen. Und möglicher Weise haben die noch eine Rechnung mit Science City offen, die Niederlage im Top 4-Halbfinale aus dem Mai schmerzt vielleicht doch mehr. Dass die Berliner in der Vorbereitung die Rasta Young Dragons geschlagen haben untermauert ihren Status, und weder unsere Ausfälle an dem Tag (4 Leistungsträger bzw. Starter) noch die aufbauende Information vom befreundeten ALBA-Coach Norbert Opitz, dass bei der Messung 2 Tage vorher sein Team auf eine Durchschnittsgröße von über 1,90 m kommt, machen Hoffnung, an dem Tag auch nur irgend einen Blumentopf gewinnen zu können. Es reicht letztlich nicht mal zu einem Sträußchen Gänseblumen, ALBA zerlegt uns mit 30. Trotzdem haben die Jungs toll gekämpft und sich auch spielerisch ordentlich gezeigt, Louis Templin (der leider aufgrund einer hartnäckigen Knieverletzung den Großteil der Saison verpasst) schafft 7 Punkte mit 100% Wurfquote und Noah Krüger macht sein Season High mit 11 Punkten und hat Charakter gezeigt, nachdem er in der Vorwoche knapp den Cut zum 12er-Kader verpaßt hatte. Chapeau. Nichts desto trotz kommt die Frage auf, ob wir vielleicht doch nicht so gut sind, wie wir dachten!“ (Die Antwort am 05.02.2020 sollte eindrucksvoll werden.)

19.01.2020 – Der falsche Rekord um ihn zu brechen…                                                             

4 Spiele – 4 Siege in der Hauptrunde. Wir sind auf Kurs – und bezwingen am 5.Spieltag der Hauptrunde den Friedenauer TSC mit 17 Punkten Differenz glasklar. Unklar wiederum, wie wir es geschafft haben, ein Spiel zu gewinnen und dabei selbst 48 Turnover zu machen…unklar auch, ob es das schon mal vorher gab. Zum Glück gibt es darüber keine konkreten Aufzeichnungen in den Annalen, sonst würden wir Gefahr laufen, diese Bestmarke offiziell zu übernehmen. 

 

 

 

26.01.2020 – Ein wahrer Teamspieler…

Es war sicher alles in allem nicht die Saison von Noah Eiweleit aka Wuschelköpfen oder Elektro-Achim. Zu oft haben ihn Krankheiten und Verletzungen zurück geworfen und er hatte Probleme, sportlich den Anschluss zu halten. Aber eines konnte man ihm ganz bestimmt nicht vorwerfen – mangelnden Teamgeist. Dies stellte er am 6.Spieltag der Hauptrunde einmal mehr eindrucksvoll unter Beweis, als er – obwohl von uns Trainern nicht nominiert für das Spiel bei TuS Lichterfelde, extra bis Berlin anreist und mit der Trommel in der Hand sein Team von der Tribüne aus unterstützt. Chapeau!

30.01. – 02.02.2020 – Abstecher zum EYBL-Turnier in Lettland…                                       

Cesis, Lettland – irgendwo in der Pampas, aber irgendwie auch total spannend. 2.Turnier der diesjährigen EYBL-Serie für unser U15-Team. 5 Niederlagen – 0 Siege wird es in Cesis geben. Man könnte enttäuscht sein, man könnte sich ärgern und frustriert heim fliegen – aber das wäre irgendwie auch nicht richtig. Denn es lohnt sich, genauer hin zu schauen. Gegner aus Ländern, in denen Basketball Nationalsport ist, oder zumindest einen höheren Stellenwert hat als bei uns. Und unsere U15-Jungs mittendrin - und nicht nur dabei, sondern in Reichweite. Anders als noch in der der vergangenen Saison, als wir doch mehrmals veritabel vermöbelt wurden. Dieses Jahr ist das anders. Gegen den späteren Turniersieger und Nachwuchs vom Euroleague-Team Khimki Moskau mit 9 Punkten verloren. Überhaupt: Kein Spiel ging zweistellig weg, zwei Mal mit drei Punkten Differenz knapp den Kürzeren gezogen. Das Highlight gegen den Gastgeber BK Cesis….Samstag Abend - volle Halle - Primetime….großartige Stimmung. Wir sind drauf und dran, den Spielverderber zu geben, führen Mitte des Spieles mit 8 Punkten. Ludwig Büschel reboundet als gäbe es kein Morgen (holt in einem Kurzspiel sagenhafte 11 Offensivrebounds), Raphael Falkenthal trägt die Mannschaft wieder mal durch seine Kreativität offensiv und Paul Schwabe wird am Ende des Turnieres zu unserem MVP gewählt. Es reicht zwar knapp nicht zum Sieg – unser Shooter Niklas Schulz hat an seinem Geburtstag den Buzzer-Beater auf der Hand, leider kullert der Ball wieder raus. Aber irgend wann wird unseren an dem Abend noch geknickten Jungs klar werden, dass genau diese Spiele unbezahlbare Erfahrungen bringen. 

05.02.2020 – Der Tag an dem alles klappte…                                                                       

 

Zurück in der JBBL. Das Highlight der Saison…wir schlagen ALBA Berlin 86:82 beim Rückspiel in Jena. Unseren beiden Teams sind zu großen Teilen in Bestbesetzung – und wir beantworten uns selbst die Frage, zu was wir in der Lage sind. Angeführt vom überragenden Trio Lukas Passarge, Fabian Rohmeyer und Ben Köhler ringen wir ALBA unter den Augen von Bundestrainer Fabian Villmeter nieder. Jetzt interessiert auch die Durchschnittsgröße der ALBA-Jungs nicht mehr – sondern eher die Durchschnittsgröße der Kämpferherzen unserer Jungs. Lukas Passarge, der nach der Vechta-Niederlage in der Vorbereitung in Leverkusen noch wie ein Häufchen Elend auf der Bank saß – zeigt seine Leidenschaft und reisst gegen den stärksten Gegner der Saison die ganze Mannschaft mit (21 Punkte, 17 Rebounds). Und die Rothammel-Twins machen ihr Meisterstück, bearbeiten das Feld hinten und vorn. Jungs, was für eine Entwicklung – vor drei Jahren mussten wir in der U14 bei Euch immer schon nach 5 Minuten Aufbauarbeit leisten und Tränen trocknen, wenn mal was nicht klappte – jetzt seid Ihr das heimliche Rückgrat in der Schlacht. Als Team zerstören wir ALBA am Rebound, nachdem wir im Hinspiel 33 Offensivrebounds abgeben mussten, gewinnen wir im Rückspiel das Reboundduell mit 46 zu 21. Unfassbar. Ein Blick nach dem Spiel leere Kabine lässt mich schmunzeln, da hängen immer noch die Zettel…jeder Spieler sollte einen mit dem Wort ‚Rebound‘ drauf vor dem Spiel über seinen Platz hängen. Und wir sind plötzlich Tabellenführer…hätten mit dieser Konstellation die Chance, in den Playoffs ALBA und Vechta aus dem Weg zu gehen – das Tor zum Top 4 würde ein ganzes Stück weiter aufgehen. Und mein Trainerkollege aus Litauen, Marius Linartas, gratuliert mir zum ersten Mal mit „Glückwunsch Professor – who beats ALBA is Professor“. 

09.02.2020 – Der Tag an dem alles schief lief…

Der Orkan Sabine wütet über Deutschland – und über uns an dem Tag auch der Tornado Gotha Rockets. Nicht, dass uns der Sieg gegen ALBA hochnäsig gemacht hätte – wir waren vor der Qualität unseres Thüringer Rivalen gewarnt aus unzähligen Duellen. Aber an dem Tag lief einfach nix. Zu schwer auch der emotionale Spagat zwischen dem ALBA-Highlight und dem x-ten Aufeinandertreffen gegen den lokalen Konkurrenten, zu schwer der Auftrag die Spannung zu halten. Es klappte nix, Würfe fielen nicht und die Rebounds bekam meist der Gegner…Dominykas Pleta von den Rockets hatte am Ende allein 10 am offensiven Brett. Wir sind unsere Tabellenführung wieder los – und ich meinen Titel ‚Professor‘: „Who loses against Gotha is not Professor any more – only Doctor.“ offenbart mir Marius Linartas nach dem Spiel.

18.02.2020 – Abstecher zum JtfO-Landesfinale…                                                                     

Wenigstens die kleine Revanche gelingt uns gegen Gotha – und auch noch in Gotha. Im Landesfinale der Schulen in der WK III (Jg. 05/06) gewinnen wir hauchdünn mit 2 Zählern Vorsprung und ich erinnere mich, dass uns ein Dreier von Finn Schwaiger in der Crunchtime den Allerwertesten rettet – und einige Wochen später siegen wir mit dem Sportgymnasium Jena auch in der WK II (Jg. 03/04) im Landesfinale gegen Gotha, diesmal mit 1 Punkt Vorsprung nach 2 Verlängerungen… Beide Teams des Sportgymnasium Jena qualifizieren sich also für das Bundesfinale in Berlin und für die WK III hatten wir da noch den Traum, unseren Titel verteidigen zu können. 

22.02.2020 – Der 1.Tag der Inspiration: JBBL-Team 2018/19 wird Team des Jahres!                 

Ein Teil unseres Teams, nämlich die Jungs die letztes Jahr schon zum Kader gehörten, als die Silbermedaille gewonnen wurde, schaffte es als erste Basketball-Jugendmannschaft, die Wahl zur Mannschaft des Jahres in Jena zu gewinnen. Glückwunsch an Coach Rothämel und die Jungs – was für eine Ehre. Es war ein schöner Abend in einem würdigen Ambiente, dem altehrwürdigen Volksbad – und ganz sicher steigerte das die Vorfreude auf unsere bald beginnenden Playoffs noch einmal. Zwar hatten wir am folgenden Sonntag noch das letzte Spiel der Hauptrunde vor der Brust – wieder ein Sieg, diesmal in Friedenau – aber gedanklich waren wir schon lange dabei, die Playoffs vorzubereiten… ‚Nur wer Triumph und Niederlage gegenüber steht und mit beiden Blendern gleich gut umgehen kann, der ist ein wahrer Champion.‘ So habe ich in meiner Laudatio auf das Team etwas abgewandelt aus einem Gedicht von Rudyard Kipling zitiert … nicht wissend, dass nur einen Monat später das Thema sein wird, weder Triumph noch Niederlage gegenüber zu stehen – sondern ganz ohne diese beiden Herausforderungen zu Recht zu kommen. Doch das wussten wir alle in dem Moment noch nicht. 

28.02.2020 – Der 2.Tag der Inspiration:                                                                                

…und zwar in zwei Bereichen langfristig: Zunächst hat uns Rico May, unser Athletiktrainer, einen auf längerfristigen athletischen Aufbau orientierten Plan durchlaufen lassen, an dessen Ende Anfang März, wenn die spannendste Zeit des Jahres losgeht und die Plätze für das Top 4 ausgespielt werden, die Spieler auf ihrem Fitnesshöhepunkt ankommen sollten. Das umfasste sowohl das Krafttraining, welches am Vormittag über das Sportgymnasium abgesichert wird, aber auch die Arbeit im Bereich Sprint und Sprung. Ich denke, wir waren gut dabei.  Und wir arbeiten seit geraumer Zeit mit einer Sportpsychologin zusammen, Alexandra Hildebrandt. Sie hat unserem ganzen Team geholfen, eine klare Zielvision zu finden, hinter der wirklich alle standen – und bereit waren zu tun, was für das Team notwendig sein wird, um erfolgreich zu sein. Einen letzter Härtetest, vor dem spielfreien Wochenende zwischen Hauptrunde und Playoffs, hatten wir als Trainer uns für das Team ausgedacht, um eine weitere emotionale und athletische Grenzerfahrung zu platzieren, die das Team bei Bewältigung nochmal richtig pusht. Unsere ganz eigene Bergtour…von unserer Base, dem Sportgymnasium, hinauf zum Fuchsturm…im Ausdauerlauf. Wir waren uns nicht sicher, wie die Jungs das schaffen – wie sie ‚beißen‘ und ihren inneren Schweinehund überwinden. Doch das, was die Kerle da ablieferten, war beeindruckend. Man sah jedem die Qual an – aber auch jedem, dass er bereit ist am Anschlag zu kämpfen. Unsere Maschine Nr. 1 war Co-Kapitän Fabian Rohmeyer, die mit einem unfassbaren Tempo oben, direkt am Fuß des Fuchsturmes, ankam. Alle erreichten das Ziel – keiner musste Stehversuche machen – und alle waren im Grenzbereich. An dem Abend war ich mir sicher, dass die Jungs bereit sind für die JBBL-Playoffs 2020. 

Der Tag, an dem aus ‚Wir reisen ohne Ende!‘ eine ‚Reise ohne Ende‘ wurde…

Die Playoffs hatten begonnen. Bei unserem Heimspielauftakt haben wir die Münsterland Baskets mit 89:67 geschlagen (Ben Köhler 23, Lukas Passarge 18 und Fabian Rohmeyer 18) – schön auch zu sehen, dass Arian Hamzei endlich wieder einen festen Platz im Team hatte, nach einer langen und von nervigen Verletzungen geprägten Leidenszeit. Doch schon an dem Tag war Corona allgegenwärtig. Keine richtigen Shakehands und High Five mehr, wenig Nähe und viel Distanz. Distanz = Ferne – und in selbige gerieten unsere Planungen, die für die kommenden Wochen standen. Die Reisen sollten länger werden. Nach Münster, in Runde 2 der Playoffs vielleicht nach Essen – und dann natürlich bei sportlicher Qualifikation…so war das Ziel…gegen die Young Rasta Dragons aus der Außenseiterrolle überraschen. Das Fernziel: Ludwigsburg Top 4. Dazu mit der U15 in der EYBL nach Ostrava in Tschechien. Und nach Berlin, Bundesfinale der Schulen…wir waren bereit, bereit durch die ganze Republik zu reisen und unsere sportlichen Träume zu realisieren – zumindest es zu versuchen. Doch 1.) kommt es anders … und 2.) als man denkt. Am 12.03. wurde das zweite Spiel der Playoffserie, diesmal in Münster, abgesetzt. Auf unbestimmte Zeit sagte die Liga d noch. Schulen zu … Lockdown. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, aber viel war nicht mehr übrig, als uns am 25.03. dann die endgültige Absage der kompletten Saison mitgeteilt wurde. Es war der Tag, an dem unsere Reise zu einer ‚Reise ohne Ende‘ wurde. 

Respekt Jungs für die Leidenschaft, die Ihr eingebracht habt: Lukas Passarge, Fabian Rohmeyer, Ben Köhler, Julian und Ben Rothammel, Max Nwokedi, Noah Krüger, Arian Hamzei, Friedrich Tempel, Finn Maercker (keinem stehen Oldschool-Retro Sporthosen so gut wie ihm), Noah Eiweleit, Louis Templin, Sören Steinhausen, Kilian Pester, Raphael Falkenthal, Paul Schwabe, Niklas Schulz, Ludwig Büschel, Finn Schwaiger, Martin Geuther (unser einziger in der JBBL eingesetzter Spieler, dem kein Turnover passierte ), Tim Otto, Emil Stahr, Alexander Koch, Gustav Hofmeister und Jacques Achard. Dabei ist mir erst jetzt, als wir uns längst in der Phase von Trainingsplänen für zu Hause, Videoaufgaben und Auswertungsgesprächen mit den Spielern (ein Großteil der Jungs steigt in die NBBL altersbedingt auf) befinden, wirklich bewusst geworden, warum der Spirit im Team so intakt war: Weil alle, und zwar nicht nur die Leistungsträger die immer im Fokus (bei den Profis würde man ‚Rampenlicht‘ sagen) standen, sondern vor allem die Jungs aus der zweiten Reihe, die wenig bis gar nicht zum Zug kamen, unsere Seele geprägt haben. Jungs wie Arian Hamzei, Noah Eiweleit und Friedrich Tempel – die lange mit lästigen Verletzungen zu kämpfen hatten; wie Tim Otto, Gustav Hofmeister, Sören Steinhaußen, Alex Koch, die keine einzige JBBL-Minute sahen; wie Finn Maercker, der mehr Spiele als Schiedsrichter gepfiffen hat denn als Spieler zu spielen; wie Kilian Pester, der eigentlich ein Jahr zu alt ist – & trotzdem seine Leidenschaft für‘s Team immer wieder in den harten Infight als Trainingspartner von Lukas Passarge geworfen hat. Alle waren sie die Seele unserer Mannschaft. Danke dafür an wirklich alle.

Und vielen Dank an unser Team hinter dem Team: Meinen Assistenztrainerkollegen Benedicte Lungwitz & Philipp Reinhardt (Es war mir eine große Freude, mit Euch gearbeitet zu haben – Eure Unterstützung und Euer zuverlässiger Input waren bemerkenswert. ), Anton Scheiding, unserem Athletik-Guru Rico May, unserer Sportpsychologin Alexandra Hildebrandt, unserem Akademieleiter Torsten Rothämel für die Ebnung aller Wege, unserem GutsMuths-Sportgymnasium mit dem Spezialsportlehrer Olli Golla, Direktor Uwe Rost, sowie allen Lehrern und Internatsmitarbeitern für die hervorragenden Rahmenbedingungen zur Verbindung von Schule und Sport, sowie last but not least noch einmal allen Eltern für die großartige Unterstützung. Ihr habt Euren Söhnen immer den Rücken frei gehalten und wart immer für unser Team da, ob es am Imbißstand ist oder als Fahrer zu Auswärtsspielen, oder einfach als Fan. Großartig!

Was bleibt, ist ‚Unfinished Business‘, wie die Amis sagen würden. Denn es ist klar: Diese Saison ist vorbei – und das, was fehlt, wird uns auch nie jemand zurückgeben können. Eines ist aber auch klar: In der Situation, als die Gesundheit vieler Menschen bedroht wurde, ging es nicht anders und das verstehen wir alle. Aber wir sind Sportler, wir lieben den Wettkampf – und da wir Teamsportler sind, lieben wir die gemeinsame Herausforderung. So wird es wohl unseren Jungs des Jahrganges 2005 (mit den aufrückenden 06ern) vorbehalten bleiben, das zu Ende zu bringen, was dieses Jahr kein Ende hatte. Denn eines ist klar: Wir alle, die wir die Leidenschaft für den Basketball in uns tragen, wollen wiederkommen um heraus zu finden, aus welchem sportlichen Holz wir wirklich geschnitzt sind. Ob wir eine Chance haben, uns den Traum der nochmaligen Qualifikation für das Top 4 zu verwirklichen. Wir werden es herausfinden, und wenn es heißt dafür ein Jahr zu warten, dann werden wir diese Geduld haben. Gemeinsam.