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22. 06. 2022

Mit Trainer Farsin Hamzei im Gespräch - Saisonrückblick auf Culture City Weimar

Es war das bisher erfolgreichste Spieljahr der Regionalliga-Basketballer von Culture City Weimar und endete trotz eines Sieges in München dennoch mit dem Playoff-Aus. Die junge Mannschaft von Trainer Farsin Hamzei hatte sich ohne US-Import als Tabellendritter der regulären Saison erstmalig für die Aufstiegsrunde der RLSO qualifiziert, musste sich dem favorisierten MTSV Schwabing am Ende nur hauchdünn geschlagen geben. Nach einer knappen 85:89-Heimniederlage in der Weimaer Asbachhalle gewannen die Thüringer das Rückspiel an der Isar zwar mit 63:62, verpassten die Überraschung letztendlich nur um einen Wimpernschlag. Nach etwas Abstand zum Saisonende trafen wir uns mit Headcoach Farsin Hamzei zur Auswertung und Bestandsaufnahme.

Farsin, das Saisonende liegt nun schon eine Weile zurück. Du bist mit den Jungs in die Playoffs eingezogen, bevor am Ende nur Nuancen gefehlt haben, um in die nächste Runde einzuziehen. Beschäftigt dich dieses Saisonende trotz Abstand noch?

Ja, es beschäftigt mich immer noch. Ich glaube, dass jeder seine eigenen Wege hat, um so etwas zu verarbeiten. Da gibt es die emotionale und die sachliche Komponente. Mit einer sachliche Analyse sollte man starten. Woran hat es gelegen? Was waren die Gründe? Auf emotionaler Ebene waren es unterschiedliche Faktoren, die eine Rolle gespielt haben. Das hängt trotz unseres Sieges noch ein wenig nach. Im Optimalfall sollte man eine Saison mit einem Sieg beenden. Das ist uns in diesem Fall zwar gelungen, letztendlich hat die Summe beider Spiele in diesem Modus leider nicht gereicht.

Wie hat sich das Team und der Basketball ganz allgemein in Weimar entwickelt? Speziell unter der Last von Corona?

Da können wir ein sehr positives Fazit ziehen. Die Pandemie hat logischerweise schon ein paar Bremsspuren in der Entwicklung hinterlassen und ich bin sicher, dass wir ohne Corona schon ein paar Schritte weiter wären. Letztendlich zählen für mich in erster Linie aber die vielen positiven Aspekte. Wir haben einen sehr gefestigten und engagierten Kreis von Helfern und Unterstützern. Das ist eine enorm wichtige Basis. Zudem konnten wir unabhängig von denen sich oftmals kurzfristig ändernden Beschränkungen unsere Zuschauerzahlen kontinuierlich steigern. Auch die öffentliche Wahrnehmung, sowohl auf Social Media als auch in der Presse, hat merklich zugenommen. Natürlich ist immer mehr möglich, aber der Anfang kann als gelungen betrachtet werden und auf diesem positiven Fundament lässt sich für die Zukunft aufbauen. Das Projekt wächst organisch gut und familiär geprägt.

Du konntest auf einen Kern Weimaer Spieler zurückgreifen, die von Doppellizenzspielern aus Jena verstärkt wurden. Welche Jungs aus den beiden Gruppen haben sich deiner Meinung nach am stärksten entwickelt?

Zunächst kann man hinterfragen, warum ein solches Projekt durchaus viel Sinn macht. Da bietet sich die Entwicklung von Lorenz Bank als gutes Beispiel an, die verdeutlicht, welchen Einfluss viel Spielpraxis und Verantwortung auf talentierten Nachwuchs in eine solche Mannschaft haben können. Junge Spieler bekommen bei uns viel Einsatzzeit und Verantwortung übertragen, können Fehler machen und lernen in dieser Rolle mit Druck umzugehen. Das ist eine völlig andere Situation als wenn Spieler in der Spielerrotation auf Platz 10, 11 oder 12 eines Profiteams stehen. Rückblickend haben Lorenz in dieser Saison, Vuk und Melvin Jostmann aber auch Jan Heber, Benjamin Dizdar, Moritz Schneider, Kristofer Krause und Darian Cardenas in den letzten Jahren von diesem Modell profitiert. Rafa Alberton musste erst seine Rolle finden und annehmen, bevor er seine Schwierigkeiten zu Beginn der Saison überwand und sich in den letzten Monate gesteigert hat.

Aus dem Kreis des Weimaer Kernteams hat sich Julian Foerster exzellent entwickelt. Er ist Kapitän, musste in diese Rolle aber auch erst hineinwachsen. Julian hat kontinuierlich an seinen Schwachpunkten gearbeitet und sich als wichtiger Führungsspieler etabliert. Auch Moritz Lang muss ich hier nennen, der sich gut entwickeln konnte.

Das Projekt in Weimar hatte in den beiden letzten Jahren mit Corona und seinen Begleitumständen zu kämpfen. Wie konntest du die Motivation und den Fokus in der Mannschaft aufrecht erhalten?

Als Coach muss man ein gewisses Level bereits vorhandener Bereitschaft von seinen Spielern ab- und einfordern. Das ist trainerspezifisch von Typ zu Typ sicher unterschiedlich. Primär gehört es für mich dazu, dass die Spieler selbst schon über entsprechend viel Eigenmotivation verfügen und alles was drumherum passiert als zusätzlichen Anreiz mitnehmen. So haben wir als Team trotz immer wieder wechselnder Rahmenbedingungen keinen Motivationsabfall gehabt. Diese Einstellung hat uns über das Spieljahr getragen, unabhängig davon, ob wir Corona-bedingt auf Zuschauer verzichten mussten. Jeder Spieler hat sich trotz individueller Ziele als Teil der Mannschaft verstanden, als Teil des Projekts gesehen und im Wettbewerb sein Bestes gegeben.

Wenn du die Chance hättest, noch einmal etwas zu verändern. Gäbe es Punkte und wenn ja, welche?

Ich würde bestimmte Spieler auf einer anderen Position einsetzen. Klassisch hat beispielsweise Moritz Lang bei uns auf der 4 gespielt. Um ihn auf die 3 zu stellen hat unserem Team allerdings die Größe in der Tiefe gefehlt. So standen wir oft vor der Frage, ihn auf 4 oder 5 zu stellen, obwohl er sicher auf Small Forward besser aufgehoben gewesen wäre. In der Kadertiefe haben uns allerdings immer wieder ein paar Zentimeter gefehlt. Im Optimalfall nimmt Moritz die Erfahrungen der letzten Saison mit und profitiert davon im kommenden Spieljahr.

Ihr wart ein starker, ebenbürtiger Gegner im Duell gegen die Polizei-Nationalmannschaft. Wie fandest Du den Abend und den Rahmen zu Ermens Abschied als aktiver Spieler?

Es wurde ja sehr viel diskutiert, warum wir für dieses Spiel in den metecno court ausweichen. Letztendlich bin ich davon überzeugt, dass der Rahmen nicht besser hätte gewählt sein können, unabhängig davon, dass die Arena zu diesem Termin sowieso schon belegt war. Ich schätze Ermen sehr, weil er einen Spielertyp verkörpert, der wenig Ansprüche stellt, viel von sich selber gibt, immer menschlich, respektvoll und höflich bleibt, sehr kommunikativ und bodenständig ist. Trainer mögen solche teamorientierten Jungs wie Ermen. Das hat er über Jahre in Jena entwickelt. Deshalb ist er auch so beliebt und diesen Status hat er sich auch verdient. Es war für ihn ein würdiger, familiärer und sehr schöner Abschluss als aktiver Spieler. Ein großer Dank geht an dieser Stelle von mir noch einmal an die Geschäftsstelle für die Vorbereitung. Es war wirklich gut organisiert mit und in einer sehr schönen Atmosphäre. Es war catchy und am Ende sogar schon fast ein wenig hollywoodreif. Auch die sportliche Komponente des Abends hat sehr gut gepasst. Das Spiel war spannend und bis in die Schlussphase umkämpft. Wir haben gut dagegengehalten, ein neues Konzept ausprobiert und das ausgerechnet Ermen für die entscheidenden Aktionen in den letzten zwei Minuten sorgen konnte, war ja letztendlich so abgesprochen (lacht).

Lass uns schon einmal vorausschauen. Die nächste Saison startet für Euch im Oktober?

Ja, wir starten zunächst am 01. Oktober mit einem Auswärtsspiel in Bamberg, bevor am 03.10. zum Tag der deutschen Einheit gegen Regnitztal das erste Heimspiel in Weimar stattfinden wird.